Im gerade veröffentlichten Jahresmagazin der Deutsche Energie-Agentur (dena) wird über das bundesweitere Modellprojekt „Energieeffizient Handeln“ für kleine und große Handels-Immobilien und das Energiespar-Projekt des Dorfladens Otersen berichtet. Auszugweise veröffentlichen wir den Bericht, der von Journalist Titus Kroder über uns geschrieben wurde.
„Otersen ist ein niedersächsisches Idyll. Ein Ort, an dem man an einem schönen Tag sofort einen Reklamefilm für Fruchtjoghurt, Margarine oder Pumpernickel drehen könnte. Im Dorfladen der 500-Seelen-Siedlung zwischen Pferdekoppeln und lauschigen Lindenalleen stehen diese Produkte im Kühlregal. Sie auf sechs Grad Celsius zu halten, trägt zu den knapp 11.000 Euro Stromkosten bei, die der nicht auf Gewinn ausgerichtete Bürgerladen pro Jahr zu bezahlen hat. „Als wir den Laden 2011 neu eingerichtet haben, wurden Kühlgeräte angeschafft, die damals schon acht Jahre alt waren. Was man bei solchen Geräten an Einsparmaßnahmen tun kann, haben wir gemacht, etwa die Innenbeleuchtung gegen LEDs ausgetauscht“, sagt Günter Lühning. Er initiierte das 180 Quadratmeter große Geschäft über einen Bürgerverein, als in seinem Heimatort der letzte Lebensmittelladen aufgegeben hatte. Lühning, Mittfünfziger, robuster Niedersachse, Familienvater und Firmenkundenberater in einer Sparkasse, muss nicht nur im Hauptberuf scharf rechnen. Denn auch der von ihm in der Freizeit betreute Dorfladen muss mit spitzem Stift an seine Energiebilanz herangehen, damit Aufwand und Ertrag sich lohnen. Der Laden bildet nicht so schnell Rücklagen. An einem Freitagnachmittag rollt etwa alle zehn Minuten ein Auto auf den Parkplatz und eine Kiste Herforder Bier und eine Tiefkühlpizza werden verladen. Dann ist erst mal wieder Ruhe.
Der Bürgerverein hatte die 200 Jahre alte Fachwerkimmobilie vor sieben Jahren gekauft und auf Neubaustand modernisiert. Wände wurden gedämmt und Photovoltaik auf dem Dach installiert. „Die Kältetechnik ist momentan die akute Herausforderung für uns“, fasst Lühning das Ergebnis des Energieberatungsprozesses zusammen, bei dem der Dorfladen durch den erfahrenen Energieberater Marcel Riethmüller von Ecogreen Energie und Andreas Kaupp vom Gebäudetechnikspezialisten Hörburger unterstützt wurde. An den Stromverbrauchern wurden im Zählerschrank orange Messwürfel installiert. Was die Sensoren erfasst haben, steht nun auf 60 Seiten Diagnosebericht. Die Kühltruhen nachts abzudecken bringt zum Beispiel 123 Euro Einsparung pro Jahr. Das Enteisen setzt noch mal 24 Euro obendrauf. Die letzten zwanzig Halogenstrahler des Ladens gegen LED zu tauschen, bringt noch mal 450 Euro.
Im Vergleich zu den betagten Kühlmöbeln sind diese Einsparpotenziale aber eher winzig. Denn „durch eine neue, zentrale Kälteanlage kann eine Einsparung von etwa 33 Prozent erreicht werden“, heißt es im Bericht. 2.000 Euro weniger Stromkosten pro Jahr – allerdings für eine Investition von 51.000 Euro, die sich erst nach 26 Jahren amor-tisiert. Rechnet sich so etwas in einem Laden, der nur eine schwarze Null schreiben will? „Das lohnt sich dann – und das wusste ich vorher auch nicht –, wenn wir auf CO2-Kühlung umstellen“, sagt Lühning. In zwei Jahren muss der Einzelhandel gesetzlich sowieso auf klimafreundliches Kältemittel wechseln. Und das wird, so riet dem Niedersachsen der Energieberater, bei so kleinen Geschäften mit bis zu 85 Prozent bezuschusst. So passt die Modernisierung mit einer Amortisationszeit von zwei Jahren auch sinnvoll in das Budget seines Bürgerladens. Damit werden die Joghurts in Otersen bald mit einem Drittel weniger Energieeinsatz gekühlt.“
TEXT Titus Kroder FOTO dena/Ingo Heine